Recht seltsam
Eine kleine Sammlung von Auszügen aus verschiedenen Urteilen, welche in jeder Hinsicht beeindrucken.

Existenzielle Betroffenheit eines Studenten durch die Beschwerdesumme von DM 274,00:

„Allein aus dem Umstand, dass er Student ist, folgt dies [existenzielle Betroffenheit] noch nicht; immerhin unterhält er einen Faxanschluss und leistet sich den Unterhalt eines Bootes.“

BVerfG, Beschluss vom 8.3.1999 – 2 BvR 326/99 (NJW 1999, 3480)

Kein Beweiswert einer Aussage des in einem KFZ-Unfall beteiligten Fahrzeugführers:

„...Bekanntlich sind Autofahrer ein Menschenschlag, dem Fehler grundsätzlich nie passieren, und wenn tatsächlich einmal ein Fehler passiert, dann war es natürlich...der andere...Das Gericht hat auch noch nie erlebt, dass jemals ein Fahrer...eigenes Fehlverhalten eingeräumt oder zugestanden hätte. Wenn dies einmal tatsächlich passieren sollte, dann müsste man...von einem Wunder sprechen. Wunder kommen aber in der Regel nur in Lourdes vor, wenn bspw. ein Blinder wieder sehen kann oder ein Lahmer wieder gehen kann, oder aber in Fatima, wenn sich während der Papstmesse eine weiße Taube auf den Kopf des Papstes setzt..., in deutschen Gerichtssälen passieren sie so gut wie nie, am allerwenigsten in den Sitzungssälen des AG München...Möglicherweise liegt das daran, dass der liebe Gott, wenn er sich zum Wirken eines Wunders entschließt, gleich Nägel mit Köpfen macht und sich nicht mit einem banalen Verkehrsunfall beschäftigt.“

AG München, Urteil vom 11.11.1986 – 28 C 3374/86

Schlafende Richter als Revisionsgrund?

„Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung muss derjenige, der sich darauf beruft, das Gericht sei wegen eines in der mündlichen Verhandlung eingeschlafenen Richters nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, konkrete Tatsachen vortragen, welche eine Konzentration des Richters auf die wesentlichen Vorgänge in der Verhandlung ausschließen...Dabei sind der Zeitpunkt, die Dauer und die Einzelheiten des Verhaltens des Richters genau anzugeben.“

BVerwG, Beschluss vom 13.6.2001 – 5 B 105/00 (NJW 2001, 2898)

Der ordentliche Wachhund:

„...der Hundehalter dafür zu sorgen, dass der Wachhund nach Abgabe entsprechenden Alarmgebells wieder ruhig gestellt wird, ...., muss das Tier abschaffen und durch einen ruhigeren Wachhund ersetzen.“

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6.6.1990 – 5 Ss (Owi) 170/90, MDR 1991, 179

Zur Wirksamkeit einer Mahnung in Reimen:

„Maklerlohn begehrt der Kläger
mit der Begründung, dass nach reger
Tätigkeit er dem Beklagten
Räume nachgewiesen, die behagten.
...
Bezahlt habe jedoch der Beklagte nicht.
Deshalb habe er an ihn ein Schreiben gericht'.
Darin heißt es unter anderem wörtlich
(und das ist für die Entscheidung erheblich):
Das Mahnen, Herr, ist eine schwere Kunst!
Sie werdens oft am eigenen Leib verspüren.
Man will das Geld, doch will man auch die Gunst
des werten Kunden nicht verlieren.
Allein der Stand der Kasse zwingt uns doch,
ein kurz' Gesuch bei Ihnen einzureichen:
Sie möchten uns, wenn möglich heute noch,
die unten aufgeführte Schuld begleichen.
...
Die Kammer stört sich nicht dran
und meint, nicht auf die Form, den Inhalt kommts an.
...
Denn der Beklagte konnte dem Schreiben entnehmen,
er müsse sich endlich zur Zahlung bequemen,
...

LG Frankfurt am Main, Urteil vom 17.2.1982 (NJW 1982, 650)

Ein Schuldner versucht, die Zwangsvollstreckung zu verhindern, indem er vorträgt, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht mehr existiert, sondern nur das Deutsche Reich nebst der Reichsverfassung:

„Die Ausführungen des 1960 geborenen Schuldners über die Grundla gen der gegenwärtigen staatlichen Ordnung in Deutschland und über seinen persönlichen Rechtsstatus sind abwegig. Eine deutsche Reichsverfassung vom 19.01.1996, eine kommissarische Reichsregierung oder ein kommissarisches Reichsgericht existieren ebenso wenig, wie die Erde eine Scheibe ist.... Anderslautende Behauptungen und Rechtsansichten beruhen auf ideologisch bedingten Wahnvorstellungen. Sie werden gemeinhin allenfalls von rechtsradikalen Agitatoren oder von Psychopathen vertreten.“

AG Duisburg (NJW 2006, 3577)

Eheliche Pflichten in den 60'er Jahren:

„Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht schon damit, dass sie die Beiwohnung teilnahmslos geschehen lässt...., so fordert die Ehe von ihr doch eine Gewährung in ehelicher Zuneigung und Opferbereitschaft und verbietet es, Gleichgültigkeit oder Widerwillen zur Schau zu tragen...“

BGH, Urteil vom 2.11.1966, IV ZR 239/65 (NJW 1967, 1978)

Zur Glaubwürdigkeit eines aus der Pfalz stammenden Zeugen:

„Es handelt sich hier um eine Erscheinung, die speziell für den vorderpfälzischen Raum typisch und häufig ist, allerdings bedarf es spezieller landes- und volkskundlicher Erfahrung, um das zu erkennen – Stammesfremde vermögen das zumeist nur, wenn sie seit längerem in unserer Region heimisch sind. Es sind Menschen von, wie man meinen könnte, heiterer Gemütsart und jovialen Umgangsformen, dabei jedoch mit einer geradezu extremen Antriebsarmut, deren chronischer Unfleiß sich naturgemäß erschwerend auf ihr berufliches Fortkommen auswirkt. Da sie jedoch auf ein gewisses träges Wohlleben nicht verzichten können – sie müssten ja dann hart arbeiten -, versuchen sie sich „durchzuwursteln“ und bei jeder Gelegenheit durch irgendwelche Tricks Pekuniäres für sich herauszuschlagen. Wehe jedoch, wenn man ihnen dann etwas streitig machen will! Dann tun sie alles, um das einmal Erlangte nicht wieder herausgeben zu müssen, und scheuen auch nicht davor zurück, notfalls jemanden „in die Pfanne zu hauen“, und dies mit dem freundlichsten Gesicht....Und wenn man sieht, dass der Zeuge schon jetzt im Alter von noch nicht einmal 50 Jahren ernsthaft seine Frühberentung ansteuert, dann bestätigt dies nur den gehabten Eindruck....Schon die schiefe und gebückte Haltung des Zeugen...und die Art, wie er, von unten herauf schielend, dem direkten Blick auszuweichen versuchte, machte auf die Kammer einen ungünstigen Eindruck. Sein Antwortverhalten war geradezu windig – fast nie antwortete er mit einem klaren „Ja“ oder „Nein“, sondern immer mit: „Nicht, dass ich wüsste“.

LG Mannheim, Urteil vom 23.1.1997, (12) 4 Ns 48/96 (NJW 1997, 1995)

„ F...ck Deinen Esel!“ Als Schadensersatz für verbales Fehlverhalten im Fußballstadion:

„Sportverein hatte sein Stadion für ein Jugendfußballspiel zur Verfügung gestellt. Der Vater eines Spielers beschimpfte beleidigend einen gegnerischen Mitspieler, woraufhin der Verein vom Verbandssportgericht zu einer Geldstrafe von EUR 400,00 verurteilt wurde. Das AG Lingen sprach dem Verein einen Schadensersatzanspruch gegen den Vater zu."

AG Lingen, Urteil vom 17.2.2010 – 4 C 1222/09 (NJW-RR 2010, 757)
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